Die Sondersitzung des Rates am 23.06. war etwas Besonderes, sie war eine Lehrstunde der Demokratie in der Kommunalpolitik.
In den vorausgehenden Sitzungen zum Standort Iprump für das sogenannte 3. Gymnasium hat die Verwaltung regelmäßig auf die „Alternativlosigkeit“ hingewiesen, und damit jegliche Standortdiskussion im Keim erstickt. Auch wenn aus dem Rat verschiedene andere Standortmöglichkeiten vorgeschlagen wurden, hat die Verwaltung diese kategorisch, ohne sie zu prüfen, abgelehnt.
Das Gutachten, das uns die Verwaltung präsentiert hat, wurde im Rat ausführlich hinterfragt, ohne dass es — zumindest in der „Opposition“- überzeugt hat. Nachfragen zu einer, in Ansätzen bekannt gewordenen Stellungnahme der Verkehrssicherheitskommission, wurden nicht beantwortet, die Oberbürgermeisterin verstieg sich zu der Aussage:
Dies sei in einer „nicht-öffentlichen“ Beratung erfolgt, und fiele damit unter die Verschwiegenheitspflicht, bzw. sei geheim zu halten. Diese Einschätzung wurde dann von der Kommunalaufsicht als fehlerhaft erkannt, sodass eine erneute Sitzung nach Bekanntmachung der Stellungnahme erforderlich wurde.
In der Sitzung am 23.06. haben wir darauf hingewiesen, dass diese Informationen uns, als gewählte Vertreter der Delmenhorster Bürger, von der Verwaltung rechtswidrig vorenthalten wurden. Gleichzeitig haben wir, gemeinsam mit der SPD, unter Hinweis auf diese Stellungnahme erneut gegen den Standort Stellung bezogen.
Anschließend ist uns die Ratsversammlung mit überwältigender Mehrheit (23 zu 12 Stimmen, also annähernd 2/3 der anwesenden Ratsmitglieder) gefolgt und hat den Standort abgelehnt. Noch zum Abschluss der Sitzung hat Frau Gerlach ihren Unmut über das Ergebnis geäußert, und dem Rat die „Schuld“ an der, aus dieser Entscheidung resultierenden Verzögerung der Erstellung des „3. Gymnasiums“ zugewiesen.
Frau Gerlach hat aus diesem Vorgang nichts gelernt.
Es steht der Verwaltung nicht zu, die Informationen zu anstehenden Entscheidungen vorab zu filtern. Die Verwaltung hat den Rat unzensiert, vollständig und umfassend, im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung durch Rat und Verwaltung, zu informieren.
Bei umgehender Information des Rates wäre die jetzige Entscheidung wahrscheinlich schon am Anfang der Diskussionen über den Standort gefallen, und die jetzt erforderliche Neuorientierung schon beendet.
Dass die, von den Delmenhorster Bürgern gewählten Vertreter, sich bemühen, die Wünsche der Bevölkerung zu erkennen und ihren Willen ggf. auch gegen die Verwaltung durchsetzen, sollte in einer Demokratie Konsens sein. Dies den Mitgliedern des Rates vorzuwerfen, zeigt wieder einmal die Missachtung des Rates und des Bürgerwillens durch die Verwaltungsspitze.
Dieses Vorgehen scheint System zu haben, wie sich ja auch durch die Kritik des Bürgermeisters Kalmis an hohen Verwaltungsmitarbeitern zeigt. Man muss sich allerdings schon wundern, wie Herr Kalmis bei jedweder Kritik gegenüber der Verwaltung unentwegt vergisst, dass der Fisch am Kopf anfängt zu stinken. Gerade die FDP sollte doch wissen, dass ein Unternehmen immer nur so gut ist, wie ihre Führung.
Es wird sich nicht leicht gestalten, zu einem „normalen“ (und unbedingt erforderlichen) Miteinander zu finden. Das erfordert v.a. von jetzt an grundsätzlich vollständige und wahrheitsgemäße Information des Rates, auch das Verschweigen von Informationen hat grundsätzlich zu unterbleiben. Nur ein Miteinander auf Augenhöhe kann in Zukunft Entscheidungen im Interesse der Delmenhorster Bürger gewährleisten, und das ist die gemeinsame Aufgabe von Verwaltung und Rat!